Industrieautomation – Potenzial und Folgen

In den letzten beiden Jahrzehnten hat die Automatisierung in der Fertigung die Fabrikhallen, die Art der Beschäftigung und die Wirtschaftlichkeit vieler Sektoren im verarbeitenden Gewerbe verändert. In der Industrieautomation werden Prozesse entweder vollautomatisiert oder teilautomatisiert, je nach Wirtschaftlichkeit und Komplexität der Anwendung. Technologiesprünge sind oft so groß, dass die Neuheit von heute am nächsten Tag schon veraltet ist. Diese schnellen Veränderungen sehen wir heute auch in der Robotertechnik, der künstlichen Intelligenz und Machine Learning. Industrie 4.0 ist der Begriff, wenn es um Industrieautomation geht. Diese Technologien machen immer mehr deutlich, dass Maschinen mit dem Menschen in einer Reihe von Arbeitstätigkeiten, einschließlich kognitiver Fähigkeiten mithalten können oder ihn sogar übertreffen.

Diejenigen, die Automatisierung im Unternehmen schon eingeführt haben, die, die gerade damit beginnen und diejenigen, die mit den Auswirkungen des neuen Automatisierungszeitalters noch nicht gerechnet haben, müssen die folgenden drei grundlegenden Perspektiven berücksichtigen:

    • Was ermöglicht die industrielle Automatisierung mit aktuellen Technologien?
    • Welche Faktoren müssen neben der technischen Machbarkeit bei Entscheidungen zur Automatisierung berücksichtigt werden?
    • Wie beginnt man darüber nachzudenken, wo – und wie viel – automatisiert werden soll (Vollautomatisierung oder Teilautomatisierung), um langfristig den besten Nutzen aus der Automatisierung zu ziehen?

Wie können sich Arbeit und Arbeitskräfte in der Fertigung zukünftig verändern?

Um das Ausmaß der möglichen Industrieautomation zu untersuchen, führte das Strategieberatungsunternehmen McKinsey eine Studie über die Arbeit im verarbeitenden Gewerbe in 46 Ländern durch, die etwa 80 Prozent der weltweiten Beschäftigten abdeckt. Die erhobenen Daten und Analysen zeigen, dass im Jahr 2015 478 Milliarden der 749 Milliarden Arbeitsstunden (64 Prozent), die weltweit für fertigungsbezogene Tätigkeiten aufgewendet wurden, mit den derzeitigen Technologien automatisierbar waren. Diese 478 Milliarden Arbeitsstunden entsprechen dem Arbeitsäquivalent von 236 Millionen aus 372 Millionen Vollzeitbeschäftigten, die eingespart oder anderweitig genutzt werden könnten. Jedoch nur unter der Bedingung, dass die Technologien in den jeweiligen Einzelfällen angepasst und integriert werden.

Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass innerhalb der Produktionsstätten noch ein erhebliches Automatisierungspotenzial besteht. Interessanterweise obwohl die Industrie weltweit eines der am stärksten automatisierten Gewerbe ist. Die technologischen Fortschritte der letzten Jahre haben die traditionellen Grenzen der Robotik und Automatisierung überwunden. Besonders deutlich erkennbar ist es an der neuen Generation von Roboter, den sogenannten Cobots bzw. kollaborierenden Robotern. Sie können von Mitarbeitern „trainiert“ werden, um Aufgaben auszuführen, die früher als schwierig oder gesundheitsschädigend für den Menschen galten.

Das Potenzial der Automatisierung von Fertigungsprozessen

Möchte man die technische Machbarkeit der Automatisierung genauer untersuchen, sollte man grundsätzlich die Arbeitstätigkeiten und nicht die Berufe an sich untersuchen. Ein Beruf setzt sich aus mehreren Arten von Tätigkeiten zusammen, die unterschiedlich gut durch Automatisierungstechnologie automatisiert werden können. Der Grad der technischen Machbarkeit ist je nach Anwendung sehr unterschiedlich.

McKinsey kam zu der Erkenntnis, dass 87 Prozent der Stunden, die Arbeiter in Produktionsberufen verbringen, automatisierbar sind. Aber auch in anderen Berufen der Industrie (z.B Technik, Instandhaltung, Materialbewegung, Management und Verwaltung) gibt es laut McKinsey noch viele Möglichkeiten zur Automation, da etwa 45 Prozent dieser Arbeitsstunden ebenfalls automatisierbar sind.

Kollaboration mit Roboter

Was kann automatisiert werden – Zu berücksichtigende Faktoren

Insgesamt geht es bei dieser Frage um fünf Faktoren. Der erste Faktor ist die technische Machbarkeit, denn sie gibt an, ob die notwendige Voraussetzung für die Automatisierung einer bestimmten Arbeitstätigkeit gegeben ist. Maschinen können eben noch nicht alles, wozu der Mensch fähig ist. Ein zweiter Faktor sind die Kosten für die Entwicklung und den Einsatz der Hardware und Software für die Industrieautomation. Das können zum Beispiel Kosten für den Cobot inklusive der Entwicklung einer kompletten Anlage für die Automatisierung sein, welche verschiedene Automatisierungstechnologien kombiniert. Ein dritter Faktor sind die Arbeitskosten mit Orientierung an Angebot und Nachfrage. In manchen Fällen sind Arbeitskräfte im Überfluss vorhanden und deutlich billiger als die Automatisierung. Das wäre ein Argument gegen die Automatisierung in der Industrie. Vorteile die über die Substitution von Arbeitskräften hinausgehen sind ein höheres Produktionsniveau, bessere Qualität und weniger Fehler. Oft sind diese Vorteile größer als die reine Senkung der Arbeitskosten. Es wird deutlich, dass Automatisierungsmöglichkeiten anhand einer klaren Strategie geprüft und bewertet werden müssen. Die Strategie sollte sich auf die Senkung der Gesamtbetriebskosten ausrichten. In der Regel nutzen Unternehmen die Möglichkeit der Automatisierung, um den Durchsatz und die Produktivität zu steigern, Abweichungen zu beseitigen und die Qualität und Agilität zu verbessern. Eine automatisierte Anlage mit Roboter kann zum Beispiel 24 Stunden am Stück die gleiche Qualität und Stückzahl liefern. Aber auch die Gewährleistung der Flexibilität sowie die Verbesserung von Sicherheit und Ergonomie ist heute ein entscheidender Faktor. Der fünfte Faktor beschäftigt sich mit den gesetzlichen Bestimmungen und der sozialen Akzeptanz. Es geht darum, inwieweit Maschinen in einem bestimmten Umfeld akzeptabel sind.

Das Potenzial für die Automatisierung lässt sich durch das Zusammenspiel dieser fünf Faktoren und den Kompromissen zwischen ihnen erkennen. Das Ziel der Automatisierung von Produktionsprozessen durch Vollautomatisierung oder Teilautomatisierung sollte sein, so viel langfristigen Wert wie möglich aus der Automatisierung zu ziehen.

Zerstört Automatisierung Arbeitsplätze?

Anpassung und Verbesserung des Humankapitals

Bei der Frage nach den Folgen der Automatisierung für die Belegschaft eines Unternehmens geht es nicht nur darum, menschliche Arbeitskräfte durch Maschinen zu ersetzen. Die Angst vor Arbeitsverlust ist einer der größten Ursachen für die Ablehnung von Automatisierungstechnologien in der Belegschaft. Daten belegen, dass derzeit nur fünf Prozent der Berufe durch Automatisierungstechnik oder Software vollständig automatisiert werden können. Das zeigt, dass durch die Anpassung und Integration aktueller Technologien die Mehrheit der Berufe zumindest bis zu einem gewissen Grad durch Automatisierung verändert werden könnte. So müssen Arbeitsplätze in vielen Fällen neu definiert und Geschäftsprozesse sowie Arbeitsplatzkulturen umgestaltet werden.

Industrieautomation Cobot

Einer der wichtigsten Komponenten für den erfolgreichen Einsatz der Industrieautomation könnte auf lange und kurze Sicht die harte Arbeit und Vorbereitung sowie Anpassung des Humankapitals sein, Menschen müssen lernen mit diesen neuen Technologien wie Cobot Roboter Hand in Hand zu arbeiten. Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe werden sich zunehmend verändern. Deshalb wird es nötig sein, Arbeitnehmer ständig fortzubilden und umzuschulen, damit sie an der Seite von Maschinen arbeiten können. Die Folge davon sind Änderungen in den Fähigkeiten und der Denkweise sowie der Kultur, da „Mitarbeiter“ nicht nur andere Menschen, sondern auch Maschinen umfassen werden.

Insgesamt besteht der wirtschaftliche Nutzen einer Voll- oder Teilautomatisierung darin, dass knappe qualifizierte Ressourcen freigesetzt und umgeschichtet werden können. Mitarbeiter bekommen die Möglichkeit, sich auf höherwertige Aufgaben zu konzentrieren. Es bleibt spannend wie sich die Industrieautomation in Zukunft entwicklen wird. Der Trend geht ganz klar in Richtung Prozessoptimierung durch smarte Technologien.

Die Prozessautomation in der Fertigung muss genauestens auf ihre Machbarkeit und Vorteile hin überprüft werden, um Prioritäten zu setzen, welche Prozesse mithilfe von Automatisierungstechnologien umgewandelt werden sollen. So entfaltet die Investition in Automatisierung ihre maximale Wirkung für das Unternehmen.